Die Wand. Reflex und Reflexion – Björn Christian Hansen
Ohne Titel (W1) 2021/22, Mischtechnik auf Leinwand, 60 x 150 cm
Ohne Titel (W2) 2021/22, Mischtechnik auf Leinwand, 60 x 150 cm
Reflex und Reflexion – Gedanken einer Betrachterin
Wenn ich in eine Kunstausstellung gehe, möchte ich inspiriert oder irritiert oder amüsiert werden. Ich bin Konsumentin mit Ansprüchen.
Wenn ich ein Bild an der Wand sehe, möchte ich näher herangehen oder ich möchte mich möglichst weit entfernen für eine Perspektive, die mir passender erscheint.
Ich betrachte das Bild und bin gleichzeitig im Raum, der das Bild umgibt.
Eine Skulptur lädt ein, dass ich sie umrunde, Bilder sind da schüchterner, aber wenn ich mich auf das Betrachten einlasse, ist es nicht egal, wo sie hängen und von welchem Blickwinkel aus ich sie betrachte.
Diese Ausstellung beinhaltet das Angebot, an einer besonderen Wand in einem besonderen Raum selbst ausgewählte Bilder auf selbst gewählte Art zu platzieren. Und dadurch entsteht etwas Besonderes.
Die Wand befindet sich im Flur, sie ist ca. 4,30 Meter lang und ca. 3,50 Meter hoch.
Der Flur enthält das Treppenhaus und das ist ein großes Glück, denn die Treppe ermöglicht nicht nur das Einnehmen unterschiedlicher Perspektiven, sondern drängt sie geradezu auf. Doch auch inhaltlich wird das Besondere des Raumes aufgegriffen.
Die Treppe besteht aus zwei gegenläufigen Elementen, die durch ein Podest verbunden sind. Die Anordnung der Bilder nimmt diese Gliederung auf, übersetzt sie aber in eine Steigung in einer Richtung.
Die beiden Bilder berühren sich an einem Punkt:
Die rechte obere Ecke des unteren Bildes berührt die linke untere Ecke des oberen Bildes.
Das untere Bild ist unter Augenhöhe gehängt, das obere Bild ist über Augenhöhe gehängt.
Die Arbeit besteht aus zwei jeweils dreiteiligen Bildern.
Die einzelnen Bestandteile sind Bilder im Format 60 x 50, von denen seit 1996 Hunderte entstanden sind. Bislang wurden sie in Ausstellungen ausschließlich als Einzelbilder präsentiert und immer mit Abstand zueinander gehängt.
Hier nicht.
Aus je drei Hochformaten entsteht etwas Neues: ein Querformat.
Dieser Eindruck wird durch die Rahmung verstärkt.
Fünf Bilder wurden als Einzelbilder begonnen und dann innerhalb ihrer Konstellation ergänzt, fortgeführt und beendet.
Dabei ist aber nicht je ein Bild entstanden, sondern eine Abfolge von Bildern, die Bezug auf angrenzende Farben und Formen nimmt.
Die Übergänge zwischen den Einzelbildern sind nicht glatt oder geglättet, sie sind nicht ohne Brüche. Es sind Übergänge.
Einen Raum zu betreten, eine Wand anzuschauen und unmittelbar eine Idee zu haben, welche der eigenen Arbeiten genau dort hängen könnten, ist möglicherweise Reflex. Alles andere, was dann passiert, bis die Ausstellung eröffnet wird, ist natürlich viel Arbeit, aber im nicht minderen Maße: Reflexion.
Reflex und Reflexion.
Britta Mauritz